top of page

Treibs doch mal bunter.

Was wir können, wenn wir wollen.


»Wow!«, denke ich, als ich sie inmitten der Menge entdecke. Endlich mal Mut zur Farbe! Ich lächele. Sie lächelt zurück. Wir begrüßen uns herzlich.


»Ich mag deinen Blazer.« sage ich und nicke in ihre Richtung.

»Ja, das Pink ist toll!«, freut sie sich. »Tatsächlich wählte ich diese Farbe, damit ich sichtbarer bin. Ich habe heute wenig Zeit, aber möchte mit Menschen ins Gespräch kommen. Mit diesem Blazer in Pink übersieht mich keiner.«


Das stimmt, denke ich und nicke zustimmend. Mein Blick streift über die Menschenmenge vor mir, die sich hauptsächlich in gedeckten Farben bewegt. Schwarz, Grau, Taupe. Selbst der noch immer aktuelle Naturton Beige fällt auf, wie einzeln versprengte helle Punkte auf einem dunklen Hintergrund. Dabei sind wir alle hier, um miteinander zu kommunizieren, uns zu finden, neue Verbindungen zu knüpfen, gemeinsam etwas zu bewirken. Wir befinden uns auf einer Netzwerkveranstaltung, einer Bühne für alle, die mit anderen in Kontakt treten wollen. Das braucht Aufmerksamkeit und die bewirkt, angesprochen zu werden.

 

Schwarz ist wie eine Tarnkappe – es macht unsichtbar.


Schwarze Kleidung macht unsichtbar. Wirklich! Es ist die Tarnkappe der Introvertierten, der Stimmungslosen und der, die geheimnisvoll wirken wollen. Künstler vor allem. Ich bin ja auch einer, also eher eine Künstlerin. Mit dem Unterschied, dass ich Farbe liebe – an Pinseln und meinen Händen, aber auch an mir selbst. Meine Kleidung ist meist farbenfroh, irgendwo sitzt immer ein buntes Highlight, und wenn es ein knalliges Accessoire ist. Meine Allover-Black-Tage sind somit gezählt. In der Tat trage ich nur noch wenig Schwarz, am allerwenigsten im oberen Bereich. Was einst elegant an mir aussah, lässt mich mit den dazukommenden Jahren nur älter wirken. Schwarz schmeichelt der Figur, aber nicht dem Alter.



Pink Blazer als Statement auf Netzwerkevents
Pink Blazer als Statement auf Netzwerkevents


Und während wir uns unterhalten, grüßen uns Menschen links und rechts. Bekannte, Freunde, Menschen, die wir irgendwo schon einmal trafen.


»Wie erfrischend!«, begrüßt uns mit einem Kuss links auf die Wangen ein alter Freund und betrachtet uns mit einem Lächeln.


»Wie ein Strauß Blumen – eine pinkfarbene Tulpe und eine gelbe Narzisse. Euch übersieht man wenigstens nicht.«


Wir lächeln uns an. Ich blicke auf meine buttergelbe Hose und sie auf ihren leuchtenden Blazer. Wir nicken uns zu. Unser Plan geht auf. Wir sind sichtbar.


Später am Abend suche ich meine Freundin. Sie versprach ebenfalls das Netzwerkevent zu besuchen. Ich fand sie nicht und ging alsbald nach Hause. Ich hatte zwei neue Kontakte in der Tasche und tolle Gespräche im Herzen.


Am Tag darauf erzählten mir verschiedene Instagram-Storys vom Abend zuvor.


Netzwerkveranstaltungen sind das neue Clubbing der Ü35-jährigen.


Die Club-Szene der Generation X & Y verlagerte sich in den 2020ern in die frühen Abendstunden und trifft sich nun nach Feierabend bis zur Bettgehzeit um 22:30 Uhr. Dem Disco-Outfit wichen schlichtere Alltagskleidung – manchmal blitzt hier und da ein Streifen Bauch und hinteres Tattoogeflecht hervor, bei Menschen, die es noch wagen und tragen können. Ansonsten trifft Bürostyle auf Banker-Jacke und Statement-Sneaker. Manchmal hat das kurze Schwarze einen Momentauftritt, ganz Mutige tragen dazu hohe Stiefel und sleeky Mittelscheitel.



Tulpen & Narzissen
Tulpen & Narzissen

Dirty Grandpa als Fortsetzung von SpongeBob


Ich erinnere mich an einen SpongeBob-Auftritt vor etwas mehr als einem Jahr. Selbe Veranstaltung, anderer Ort – und einige Gäste im quietschgelben SpongeBob-Shirt. Das sorgte für Aufregung und Gesprächsstoff. Also genau das, was ein erfolgreiches Event ausmacht. Ich möchte hier eine neue Idee in den Raum werfen. Wer kennt den Film »Dirty Grandpa?« und die Szene, als Zac Efron völlig vernebelt am Strand aufwacht, mit einer Plüschbienentasche als einzige Bekleidung?....


Den Mutigen gehört die Welt – oder zumindest die Ehre, für Gesprächsstoff zu sorgen.

 

Doch zurück zur Farbe. Und zu meiner Freundin, die ich am Abend nicht fand – dafür lachend in ihren eigenen Stories auf Instagram. Selbe Veranstaltung – ungefähr fünf Meter Luftlinie Abstand. Sie im Gespräch – ich die Menge überblickend. Sie in allover-black, ich in buttergelber Hose und wollweißem Wollpullover.


»Ich habe dich nicht gesehen.« schrieb ich ihr über den Messenger.


»Weil ich schwarz angezogen war.« antwortet sie mit einer lachenden Emoji zurück.


Sie ist der Profi in Sachen Farbe und Stil, also wird es stimmen. War ja irgendwie auch mein Gedanke. Aber warum tragen die meisten von uns so gern gedeckte Farben – vor allem schwarz.


Ist das vielleicht eine deutsche Attitüde? Lieber farblich tief stapeln, als bunt aufzufallen? Lieber gedecktes Downgrade statt fröhliches Upgrade?


Ich erinnere mich an meinen letzten Italien-Urlaub und mein modisches Aufatmen, als ich Land und Leute in der goldenen Oktobersonne betrachtete. Herrlich! So viel Stil, Anmut und Kleidungsbewusstsein. Auch wenn die Farben nur dezent auffälliger als in Deutschland waren, die Materialien der Kleidung sind dafür hochwertig, der ganze Stil ausgeklügelt, frisch und elegant. Begleitet von gekonnt eingesetzten Accessoires. Ich jubilierte und stieß den einen und anderen freudigen Seufzer aus. Manchmal gepaart mit Kopfschütteln, wenn ein Paar Outdoor-Treter unter Bluejeans und Ringelshirt meinen Blick versperrten und bezopfte Damen ihre Kinder zum Artigsein ermahnten. Auf deutsch. Punkt.


Wusstest du, dass deine Gefühlslage die Wahl deiner Kleidung beeinflusst?


Und wenn du dazu noch eine Frau bist, sorgen die Hormone für frohlockende Buntheit oder eben unsichtbares Schwarz. Ein Thema, dass auch für Männer interessant ist . Zum Beispiel wenn du Single bist und dieses Wissen als Gesprächseinstieg zum nächsten Date nutzt - mit der Analyse ihrer Kleidung. Du lachst? Ähnliches musste ich erste letzte Woche zwangserlauschen, weil ER beim ersten Date am Nachbartisch eines Cafés unfassbar laut sprach. Aber anderes Thema, anderer Artikel.


Ich ging der Farbwahl in den vier Phasen des weiblichen Zyklus nach und fand Folgendes heraus:


Der Zyklus und seine Farben


Der weibliche Hormonhaushalt verändert sich im Laufe des Monats und mit ihm die Emotionen, das Energielevel – und das Bedürfnis nach Sichtbarkeit.


Follikelphase (nach der Periode bis zum Eisprung): Östrogen steigt, die Frau fühlt sich energiegeladen, strahlt Selbstvertrauen aus und greift eher zu auffälligen, hellen Farben. Pink, Rot oder Blau – Farben, die Lebendigkeit und Offenheit ausstrahlen.


Ovulation (Eisprungzeit): Die Hochphase der Weiblichkeit! Die Frau fühlt sich attraktiv, charismatisch und wählt Farben, die sie in den Mittelpunkt rücken. Signalfarben wie Rot oder kräftige Töne unterstreichen ihre Präsenz.


Lutealphase (nach dem Eisprung bis zur Periode): Progesteron übernimmt, die Frau wird nachdenklicher, introvertierter. Erdige, sanfte Töne oder gedeckte Farben wie Dunkelblau oder Olivgrün spiegeln oft ihre Stimmung.


Menstruation: Viele Frauen verspüren das Bedürfnis nach Rückzug und Geborgenheit. Schwarz, Grau oder Dunkelrot wirken beruhigend und schützend – sie lassen weniger auffällig erscheinen oder signalisieren bewusst: Heute bin ich nicht für alles offen.


Mein Fazit: Circa. 80 Prozent der deutschen Frauen befinden sich entweder dauerhaft in der Luteal- oder Menstruationsphase. Darf ich das so stehen lassen? Danke!


Um doch noch ein wenig die Kurve zu nehmen: Mut wird belohnt. Im Leben und der Wahl der Kleidung.



Du musst deine Garderobe nicht komplett in die Altkleiderspende geben, aber wenn du das nächste Mal shoppen gehst, versuch es mal mit Smaragdgrün, Klatschmohnrot, Königsblau, Himbeersorbetrosa, Sonnengelb, mit lebendigem Magenta oder Ozeantürkis.


Für den Anfang nur ein Teil. Lass es auf dich wirken. Lass es auf andere wirken. Zieh es zu deiner nächsten Netzwerkveranstaltung an, zu einem Event deiner Wahl und fühle, was diese Farbe mit dir und deiner Umwelt macht. Denn das Strahlen von Farben wirkt nicht nur einseitig – es wirkt mehrseitig. Es ist ein freundlicher Gruß an dein Gegenüber, ein Tupfer Hoffnung für deine Nachbarn, ein positiver Blickmagnet auf Feierlichkeiten oder ein Strauß Blumen für einen Freund.



Farbe als Strategie für mehr Präsenz


Wenn du das nächste Mal vor dem Kleiderschrank stehst, frage dich nicht nur: Was passt zusammen? Sondern auch: Wie möchte ich heute wahrgenommen werden? Willst du leuchten, strahlen und Menschen anziehen? Oder fühlst du dich nach Rückzug und wählst unbewusst etwas, das dich verschmelzen lässt?

 

Denn eines ist sicher: Die Farbe, die du trägst, kann mehr bewirken, als du denkst. Vielleicht ist es Zeit für ein bisschen mehr Pink in deinem Leben.

 
 
 

Comments


bottom of page